Irrungen und Wirrungen – das Cuxland und der Wolf
Seit Anfang 2016 rückt der Landkreis Cuxhaven in den Blickpunkt des Wolfsgeschehens, wenn es um Übergriffe auf Weidetiere geht. Dabei wird bei einem Blick auf die Karte zunehmend deutlich, dass es hier um mehr als ein Rudel geht. Neben dem bekannten Rudel um den Wingst haben sich zwischen Bremen und Bremerhaven rund um Beverstedt in einem Gebiet die Risse gehäuft, welches im offiziellen Monitoring gerade erst zum Suchraum „Bremervörde“ erhoben wurde. Beide Gebiete lassen sich anhand der kartierten Risse leicht voneinander trennen und sollten auch so betrachtet werden. Ob und wie weit ein in der Garlstedter Heide verortetes Wolfspaar an diesem Geschehen beteiligt ist oder den Kern seines Territoriums weiter nördlich hat, lässt sich (noch) nicht nachvollziehen.
Die komplette Karte für Deutschland gibt es HIER
Dabei ergibt sich die folgende – traurige – Bilanz (Stand: 30.12.17):
Das Geschehen ist auch an den Verantwortlichen im Landkreis nicht spurlos vorübergegangen und, wenn ich nicht mehr weiter weiß, bild ich einen "Arbeitskreis Wolf im Landkreis Cuxhaven", der inzwischen zum siebten Mal tagte. Dort berieten sich Vertreter des Landkreises, von Politik, Landvolkverbänden, Jägerschaften, Gemeinden, Naturschutzverbänden und Wolfsberatern. Sie ließen sich von Mitarbeitern des Wolfsbüros in Hannover beraten – oder beruhigen(?), damit denn der Feldversuch „Wolf“ in Niedersachsen nicht in Gefahr geriete.
Man verabschiedete ein „Arbeitspapier - der Wolf und seine Auswirkungen im Landkreis Cuxhaven“, welches zwar Gegenstand einer Pressemitteilung des Landkreises war, aber bisher nicht veröffentlicht wurde. Was da aus dem Inhalt berichtet wurde, kann keine Hoffnung wecken. Offenbar ist man festen Willens, genau so weiterzumachen, wie in den vergangenen Jahren unter einem grünen Umweltminister in Hannover. Angesichts der aufgelisteten Beteiligten aus dem Landkreis muss man sich fragen, ob man die bekannte Entwicklung der Risszahlen und deren Konsequenzen für die Weidetierhaltung ebenfalls nicht verstanden hat.
Wenn hier als probate Mittel ein systematisches Monitoring, ein Feldversuch zur Vergrämung sowie „großzügiger und unbürokratischer“ bei der Zuwendung von Mitteln zur Prävention und bei Billigkeitsleistungen zu werden genannt werden, so ist das schlicht ein Kurieren an Symptomen, durch das kein Tier weniger gerissen wird.
Das Monitoring kommt bundesweit der rasch wachsenden Wolfspopulation nicht mehr nach, die dringend notwendige Besenderung von Wölfen steckt in Deutschland nach 17 Jahren weiter in den Kinderschuhen, wenn man es mit Ländern wie Schweden vergleicht. Effektive Mittel zur Vergrämung von Wölfen, die auch tierschutzgerecht und praktikabel sind, stehen nicht zur Verfügung. Das beschleunigte Ausreichen von Mitteln hört sich schön an, dabei wurden aber für die wolfssichere Zäunung der Weidegründe des Landkreises Zahlen von € 250 Mio. aufgerufen. Das steht in keinem Budget und ist nicht alles gezäunt, werden die Wölfe die Lücke finden. Zu hoch ist ihnen langfristig ohnehin kein Zaun.
In Cuxland leben Wölfe, die es nachweislich in den letzten Jahren gelernt haben, dass sie bestens von Weidetieren leben können und auch große Beutetiere wie Rinder von 300 – 400 kg leicht erbeuten. Auch Schafe schmeckten ihnen 2017 deutlich besser.
Daran wird auch ein hauptamtlicher Wolfsberater kaum etwas ändern können. Denen, die diesen wenig vergnüglichen Job im Cuxland anerkanntermaßen gut machen, sei es gegönnt, wenn ihre Arbeit vergütet wird. Nur gibt es mit den jetzt vorgeschlagenen Maßnahmen keine Chance, die Lage nachhaltig zu verbessern.
Wenn dieser "Arbeitskreis Wolf im Landkreis Cuxhaven" sieben Mal getagt hat, ohne in seinem Arbeitspapier auch nur in Erwägung zu ziehen, dass Wölfe, die teilweise wiederholt und in kurzen Abständen in gleiche und geschützte Weidetierhaltungen eindringen, schlicht zu schießen sind, bevor sie ihr unseliges Erbe in zukünftige Territorien weitertragen, hat man die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Will man dieses Grundwissen traditioneller Wolfsländer nicht annehmen, so wird das jetzt in Cuxland verabschiedete Papier eher den Charakter wenig heißer Luft behalten, als ein Schritt hin zu einer, wie auch immer schwierigen, Koexistenz mit dem Wolf in Niedersachsen zu werden.
Wer nun anführen möchte, dass die Bejagung zu Schaden gehender Wölfe nutzlos sei oder gar zu vermehrten Schäden führe und dies in wissenschaftlichen Studien nachgewiesen sei, dem seien diese Arbeiten im Originaltext (in diesem Artikel verlinkt) empfohlen. Entweder sind sie inzwischen widerlegt oder als veritabler Schwindel entlarvt, was sie mit der Mehrzahl deutscher Kommentare zum Thema gemeinsam haben. Ebenso wenig ist nachvollziehbar, dass später zuwandernde Wölfe das gleiche Beuteverhalten ihrer Vorgänger übernehmen würden. Das kann nur geschehen, wenn sie mit verbliebenen Exemplaren neue Rudel bilden oder dieses Verhalten aus ihrem elterlichen Territorium mitbringen. Das Reißen von Weidetieren ist erlerntes Verhalten und kein Bazillus der an den Koppeln hängt.
Will man den Wolf tatsächlich in deutschen Weidetiergebieten erhalten, muss man bei Übergriffen auf Haus- und Weidetiere rigoros mit ihm umgehen. Das sehen europäische wie deutsche Gesetzgebung auch so vor. Wer dabei die Gefährdung einer geschützten Art anführen möchte, bedenke bitte, dass die Entnahme aller territorialen Wölfe (maximal 15) im Landkreis Cuxhaven gerade einmal 1,5 % des aktuellen Wolfsbestandes von ca. 1.000 Exemplaren in Deutschland beträfe. Angesichts eines jährlichen Zuwachses von 30 – 35 % pro Jahr ein vertretbarer Verlust, den auch Wolfsschützer zu akzeptieren haben, wenn ihnen ehrlich am Erhalt dieser Art gelegen ist.
Was aber in keinem Fall geht, ist ein „Feldversuch“ an Weidetieren privater Halter, die mit Passion an ihrem Beruf oder Nebenerwerb hängen und denen das Wohl ihrer Tiere am Herzen liegt. Dies in einem Landkreis zu veranstalten, in dem sich die Zahl der gerissenen Weidetiere binnen eines Jahres vervierfacht hat! Dabei sind noch genügend Risse „in Bearbeitung“ dass es auch zum fünffachen Wert kommen kann.
Weitere Risse, insbesondere deren Zunahme sind denen persönlich anzulasten, die angesichts bekannten Geschehens nicht bereit sind, unverzüglich sachgerechte und pragmatische Entscheidungen zu treffen! Die Gesetze geben es her. Es sind einzelne Personen, die deren korrekte Anwendung vereiteln.